Roding. Durchwachte Nächte, darunter verstehen junge Leute Anfang 20 gewöhnlich etwas anderes als das, was Theresa Stangl macht: Die Industriekauffrau aus der Oberpfalz hat Anfang 2017 in ihrer Heimat Roding das Start-up Trovus Tech gegründet, eine Firma für 3-D-Druck aus Metall. Statt sich bis früh um fünf in Klubs zu amüsieren, wacht die heute 23-Jährige auch nachts per App über ihren Laserdrucker.

Wenn andere ihre Nachrichten aus Chats checken, gibt sie acht, dass das zwei Meter hohe Hightech-Gerät stets präzise funktioniert: „So können wir bei der kleinsten Abweichung sofort reagieren.“ Wenn der Zyklus es erfordert, bestückt Stangl die teure Anlage auch nachts. Klingt anstrengend. Doch sie würde es wieder tun.

Stangls Aufstieg von der Auszubildenden zur Geschäftsführerin ihres eigenen Unternehmens hat mit Zufällen, aber auch mit Zielstrebigkeit zu tun. Nach der kaufmännischen Lehre kam Stangl bei einem ihrer früheren Arbeitgeber, einem zerspanenden Metallbetrieb, häufig in Kontakt mit der Automobil-Industrie. „Da wurde viel über 3-D-Druck gesprochen“, so Stangl, die die Technik schon damals superspannend fand. „Ich war überrascht, wie weit die additive Fertigung schon ist“, so die junge Gründerin. „Gleichzeitig habe ich entdeckt, was damit noch alles möglich ist.“

Ein Platz im Gründerzentrum

Was dann kam, sieht im Zeitraffer so aus: Stangl arbeitete sich in das Verfahren ein, bildete sich zur Technologiemanagerin für additive Fertigung weiter und investierte knapp 1 Million Euro in technische Ausrüstung sowie einen Drucker, für den der Landkreis Cham einen Platz im Gründerzentrum fand.

Ihr Mut, etwas Neues auszuprobieren, wurde belohnt. Trovus Tech beliefert inzwischen namhafte Automobilhersteller im In- und Ausland. Kunden aus Asien bestellen bei dem Start-up in Roding, außerdem gibt es Anfragen für die gedruckten Präzisionsteile aus den USA.

Der Sinn fürs Geschäft liegt der Gründerin im Blut. „Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen“, erzählt sie. Vorbild war ihr Vater Hans Stangl, der voriges Jahr verstorbene Firmenchef des gleichnamigen Automobilzulieferers aus Roding. Als Kind registrierte die Tochter zunächst: Der Papa trug oft Anzug, war beruflich viel unterwegs. „Deshalb wollte ich eigentlich gar nicht Unternehmerin werden“, sagt sie rückblickend. „Doch später spürte ich, mit welcher Leidenschaft er seinen Betrieb führte. Das hat mich inspiriert.“

Seit dem Start von Trovus Tech sind mittlerweile eineinhalb Jahre vergangen: „Gefühlt nur fünf Minuten“, so die Gründerin. Sie hat es sich nicht leicht gemacht. Das beginnt beim Material: Trovus druckt nicht mit Kunststoff wie so viele, sondern mit Metall. Verarbeitet wird Titan- und Aluminiumpulver, beides delikate, leicht entzündliche Stoffe. „Das stellt hohe Anforderungen an die Sicherheit.“ Die Halle mit dem 3-D-Drucker ist komplett staubfrei. Überall, wo mit Metallpulver hantiert wird, kommt ein technisches Schutzgas zum Einsatz. Zudem gibt es Schutzanzüge. „Darin sehe ich aus wie ein Marsmännchen“, sagt Stangl und grinst. Anderntags trägt sie wieder Blazer und Bluse und berät Kunden. Denn noch ist die relativ neue Technologie nicht überall bekannt.

Technisch ergeben sich mit ihr jede Menge neue Möglichkeiten. In der Entwicklung, im Prototypenbau und auch in der Produktion, vor allem in Luftfahrt und Fahrzeugbau, wo leichtes Gewicht und Stabilität zählen.

Vorteil: Additive Fertigung benötigt keine teuren Werkzeuge. „Nachdem das 3-D-Modell des Bauteils ausführlich analysiert wurde, füttert man den Drucker mit Pulver und dem erstellten Datensatz“, so Stangl. Was herauskommt, kann sich sehen lassen. Bei Trovus Tech sind das etwa präzise Pumpengehäuse, bestimmt für die Rennwagen der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft.

Mit an Bord sind ein Bürohund – und Gatte Jens

Der Druck macht ganz neue Konstruktionen möglich, etwa Gussformen für die Industrie, in deren Innerem sich filigrane Kühlkanäle winden. „So komplexe Formen bekäme man mit Fräsen und Bohren gar nicht hin.“

Das Start-up soll wachsen. Stangl will noch dieses Jahr auf knapp zehn Mitarbeiter kommen. Bisher sind sie zu dritt, Pardon, viert. Neben einem Mitarbeiter ist ihre Mischlingshündin an Bord. Und ihr Mann Jens (27). Der Mikrotechnologe kündigte für das Start-up einen gut dotierten Job, bringt Expertise aus Konstruktion und Datenverarbeitung mit. „Er ist Kollege und Partner in einem, das funktioniert.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Mich interessieren Maschinen einfach. Aus diesem großen privaten Interesse heraus ist dann die Idee zur Gründung meiner Firma entstanden.

Was reizt Sie am meisten?

Mir gefällt, dass ich mit dem Metall-3-D-Druck ein neues Technologiefeld bearbeite, in dem noch vieles möglich ist.

Worauf kommt es an?

Bei der raschen Veränderung und dem großen Fortschritt am Markt dabei zu sein und diese Neuerungen selbst umsetzen zu können.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

Alle Beiträge der Autorin